Die Unendlichkeitsmaschine

Die Unendlichkeitsmaschine mit Exponentialfunktionen untersuchen! Physik trifft Mathe trifft 3D

Ein Beitrag aus dem General-Anzeiger-Bonn veröffentlichte einen Beitrag mit folgendem Teaser:

„Kennen Sie Leonardo da Vincis Unendlichkeitsmaschine? Das Genie hatte seinerzeit eine Konstruktion entworfen als Symbol für die Ewigkeit. Viele viele Jahre später haben Technikfreaks diese Maschine nachgebaut. Ein Gerät mit zahlreichen ineinander greifenden Rädern: Wenn sich die erste Welle einmal pro Sekunde dreht, dauert es eine Billion Jahre, bis sich in zwölf Schritten die letzte Welle einmal gedreht hat. Wahnsinn, oder?“

Das hat uns inspiriert, der Sache genauer auf den Grund zu gehen.

Was ist eigentlich eine Unendlichkeitsmaschine … ?
Und was hat die mit Exponentialfunktionen zu tun … ?

Erste Antworten fanden wir unter dem Eintrag Unendlichkeitsmaschine auf wikipedia

Das fanden wir so interessant, dass wir beschlossen, uns diesem Thema näher zu widmen und unsere eigene Unendlichkeitsmaschine zu „bauen“.


Diese eigene Unendlichkeitsmaschine, die wir zum Anfang untersuchen werden, ist folgendermaßen aufgebaut:

Renderansicht
Wireframe-Ansicht

Auf den kurzen Wellen sitzen jeweils zwei Zahnräder – ein Großes mit 36 Zähnen und ein Kleines mit 12 Zähnen. Das kleine Zahnrad treibt jeweils das große Zahnrad der nächsten Welle an. Somit entsteht eine fortschreitende Übersetzung mit dem Faktor 3:1 d.h., das sich die folgende Welle nur mit einem Drittel der Drehzahl der vorangegangenen Welle dreht – oder anders ausgedrückt: Die Zeit für eine volle Umdrehung ist dreimal so groß wie bei der vorangegangenen Welle.


Tatsächlich kann man die Rotation der Zahnräder nur in den ersten Stufen beobachten. Schon bald wird die Rotationsgeschwindigkeit so gering, dass sie praktisch nicht mehr wahrnehmbar ist. Aber eine Billion Jahre? Wir werden sehen …


Untersuchung der Unendlichkeitsmaschine

Was hat das nun mit Exponential- und Logarithmusfunktionen zu tun?

Wenn man die Drehzahlen der Zahnräder untersucht (s.o.) fällt einem schnell auf, dass die Umlaufzeit aufeinander folgender Zahnräder gleicher Größe um einen konstanten Faktor steigt. Bedingt durch die Geometrie der Zahnräder ergibt sich in unserem Beispiel der Faktor 36/12=3. Also hat jedes Zahnrad eine dreimal höhere Umdrehungsdauer als das auf der davorliegenden Welle.

Innere Struktur

Wir können davon ausgehen, dass ein Zahnrad in der 0. Stufe – also das getriebene Zahnrad – eine Umdrehungsdauer von genau einer Sekunde hat. Für unser 12-stufiges Modell würde sich also die folgende Tabelle ergeben:

Zahnrad-StufeBerechnungRotationsdauer
Zahnrad 0. Stufe1 x 301 s
Zahnrad 1. Stufe1 x 313 s
Zahnrad 2. Stufe1 x 329 s
Zahnrad 3. Stufe1 x 3327 s
Zahnrad 4. Stufe1 x 3481 s
Zahnrad 5. Stufe1 x 35243 s
Zahnrad 6. Stufe1 x 36729 s
Zahnrad 7. Stufe1 x 372187 s
Zahnrad 8. Stufe1 x 386561 s
Zahnrad 9. Stufe1 x 3919683 s
Zahnrad 10. Stufe1 x 31059049 s
Zahnrad 11. Stufe1 x 311177147 s

Das letzte Zahnrad dreht sich also einmal komplett um sich selbst in 177147 Sekunden. Das sind zwei Tage, eine Stunde, zwölf Minuten und siebenundzwanzig Sekunden. Das ist weit entfernt von 1 Billionen Jahren.

Jetzt müssen wir bedenken: Die Steigerungsrate der Umlaufzeit verhält sich exponentiell zur Stufe. Das letzte Zahnrad braucht also mehr als zwei Tage für einen vollen Umlauf. Alle Werte liegen auf der Exponentialfunktion f(x)=3x.

Exponentialfunktion der Unendlichkeitsmaschine

Trotz – im wahrsten Sinne des Wortes – extremer Steigerung der Umlaufzeiten steht das letzte Zahnrad (theoretisch) nicht wirklich still …
Damit unsere Unendlichkeitsmaschine nicht nur scheinbar, sondern auch wirklich eine Unendlichkeitsmaschine wird, müssen wir an dieser Stelle eine Unendlichkeitsbedingung definieren:

Mit dieser Unendlichkeitsbedingung und der allgemeinen Exponentialfunktion T(x) = T1*nx kann man nun systematisch unterschiedlichste Unendlichkeitsmaschinen untersuchen:

Mit diesem Wissen kann man nun die Aufgabe lösen, wann diese Unendlichkeitsmaschine tatsächlich 1 Billion Jahre in der letzten Stufe braucht:

Wir sehen: Bei den gegebenen Bedingungen müsste die Unendlichkeitsmaschine 41 Zahnrad-Stufen haben.


Noch eine kleine Knobelaufgabe: Wo bleibt die der Unendlichkeitsmaschine zugeführte Energie, wenn sich das letzte Zahnrad praktisch nicht bewegt und problemlos einzementiert werden könnte ohne die Maschine zu zerstören?!


Wir haben nun noch eine Unendlichkeitsmaschine gefunden, die als 3D-Druck ausgedruckt werden kann:

Link: https://www.thingiverse.com/thing:5005943

Diese Unendlichkeitsmaschine kann man tatsächlich ausdrucken und zusammenbasteln. Am besten verwendet man zusätzlich Kugellager und Metallachsen, um das Problem der Reibung zu umgehen.

Wir haben statt dessen die Einzelteile im 3D-Builder zusammengebastelt und in Blender animiert:


Und damit haben wir eine Aufgabenseite vorbereitet, die man mit SuS bearbeiten kann. Diese Übungsseite ist hier zu finden:


Wir – das Team des MPZ LKL – wünschen Ihnen und ihren SuS viel Spaß bei der Arbeit mit der Unendlichkeitsmaschine …